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Tuesday, January 14, 2014

Leo Strauss: Der Mann aus Missouri




Die folgende Kurzfassung ist teils Zitat, teils Paraphrase frei übersetzt.
Strauss schreibt häufig ironisch; entsprechende Absätze sind eingerückt und distanzierende Vokabeln in negrita markiert .

An English version of this post  is at Leo Strauss: The Man from Missouri

Leo Strauss kam auf die Idee, dass die modernen Geistes-und Sozialwissenschaften mit ihrem Verzicht auf den "gesunden Menschenverstand" sich  unter Platos Höhle ein Kellerloch graben und ohne Hilfe nicht mehr rauskraxeln.
:-(

Nach Strauss sind die Methoden und Vorstellungen der Naturwissenschaften für die Erforschung des menschlichen Daseins nicht brauchbar.

Der ursprüngliche Text "An Epilogue" befindet sich bei http://archive.org/stream/LeoStraussAnEpilogue/LeoStrauss-AnEpilogueintegral_djvu.txt


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1

Der "Mann aus Missouri" ist der sprichwörtliche Empirist. Er weiß, dass er die Dinge und Menschen sieht, wie sie wirklich sind.
Er hält es für selbstverständlich, dass er mit anderen Menschen jeder Art in der gleichen Welt lebt, wo man einander auch irgendwie versteht.

2
In dieser Hinsicht würde die frühere politische Wissenschaft  mit dem "Mann aus Missouri" nicht streiten.
Eine einfache Feststellung aber zeigt, dass der "Mann aus Missouri" "naif" ist, weil er ja statt Dingen oder Menschen nur Farben und Formen, also bloße Sinnesdaten sieht.
Er würde jedoch Menschen und Dinge sehen, wenn er eine Gabe der "übersinnlichen Wahrnehmung” hätte.

Sowie er diesen Einwand hört, kratzt der "Mann aus Missouri" sich am Kopf. Mit seinem Schweigen bleibt er auf seine Weise Philosoph.


3
Das Problem liegt darin, dass die neue politische Wissenschaft sich entfaltet, indem sie den Bruch mit dem gesunden Menschenverstand anstrebt, aber nicht folgerichtig durchsetzen kann, wie es allgemein die folgende Überlegung aufweist:

>> Der Empirismus lässt sich nicht empirisch begründen;

>> Es ist nicht durch Sinnesdaten bekannt, dass der einzig mögliche Gegenstand der Wahrnehmung Sinnesdaten sind.


4
Jene Sinnesdaten sind Ergebnis einer Abstraktion und setzen die Rechtmässigkeit (Legitimität) unseres primären Bewusstseins von Dingen und Menschen voraus.


5
Dies bedeutet, dass die Naivität des Mannes aus Missouri sich nicht  vermeiden lässt. Es gibt kein Denken, das nicht letztendlich auf der Rechtmässigkeit dieser Naivität basiert.


6
Zwar wird niemnd bestreiten, dass das  vorwissenschaftlich politische Denken  echtes Wissen enthält, aber leider verbindet sich jenes Denken mit Spuk und Aberglauben.  Indem wir mit dem vorwissenschaftlichen Denken brechen, verabschieden wir irreführende Elemente.


7
Der gesunde Menschenverstand enthält in der Tat echte Kenntnis von Besen, aber leider  nimmt jenes Wissen im gesunden Menschenverstand den gleichen Rang ein wie das angebliche Wissen über Hexen. Im Vertrauen auf den gesunden Menschenverstand riskiert man demnach, das ganze Reich der Finsternis samt Thomas von Aquin zurückzubringen.


8
Wer das Vertrauen auf den gesunden Menschenverstand in empirischen Aussagen sieht, hat das fundamentale Rätsel zwar erkannt, aber doch nicht etwa gelöst. Es sollte aber niemanden peinlich berühren, wenn er zugeben muss, dass er für das grundlegende Rätsel keine Lösung hat.



9
Zu bestreiten, dass da überhaupt ein Rätsel vorliegt, ist als Lösung dürftig ausgedacht. Sicherlich findet sich keiner damit unter der Drohung ab, er sei halt sonst ein "Metaphysiker".


10
Um den weniger handfesten Kollegen gegen diese Bedrohung beizustehen, könnte man sagen, dass die Empiristen  glauben,  die Naturwissenschaften seien unendlich fortschrittsfähig, womit sie doch ebenfalls ein unlösbares Rätsel des Seienden voraussetzen.
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Postscript "Kellerloch":

Kardinal J. Ratzinger schrieb zu einem ähnlichen Sachverhalt, es versuche einer, sich an den eigenen Schuhbändeln hochzuziehen. Zitat gesucht und noch nicht gefunden.
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